conrad meier

malerei und fotografie

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Conrad Meier Studio
poly · mono · chrom
 
Axel Wendelberger

Am 21. März 2015 wurde im Atelier Meerkatze die erste Ausstellung des Zürcher Künstlers Conrad Meier in Deutschland eröffnet. Conrad Meier ist seit über 30 Jahren freischaffend tätig. Nach gestischen Anfängen fand er gegen Ende der 1990er Jahre zu einer strengeren, konstruktiven Arbeitsweise. In der Ausstellung sind 42 Arbeiten aus den Jahren von 2001 bis 2015 zu sehen, die einen repräsentativen Einblick in das Schaffen des Schweizers bieten.
 
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Conrad Meier arbeitet vorwiegend in Tusche auf hochwertigem Baumwollpapier. In seinen Linienbildern zieht er freihändig und hochkonzentriert mit breitem Pinsel in schwarzer Tusche gerade Linien, die parallel oder im rechten Winkel zueinander verlaufen und sich zuweilen gegenseitig kreuzen. Aus dem Vorgang der Wiederholung und Variation des immer Gleichen – der geraden Linie – heraus läßt der Künstler, dem der Malprozess selbst das Entscheidende an seinen Kunstwerken ist, Konstruktionen von geradezu monumentaler Einfachheit entstehen. Dieser prozessuale Charakter zeichnet alle Werke Conrad Meiers aus.

In einer weiteren Gruppe von Tuschemalereien definiert Conrad Meier seine völlig eigene Position im Bereich der Farbfeldmalerei. Hier arbeitet er ausschließlich mit verdünnten Tuschen der Grundfarben Rot, Gelb und Blau, die in bis zu 30 Schichten übereinander gelegt werden. So entstehen – konstruktive, zuweilen auch völlig monochrome – Blätter subtiler Farbigkeit und überraschender Strahlkraft. Sechs solcher monochromen Werke kombinierte der Künstler zu einer 247 cm hohen Wandinstallation, die er spontan «Meerkatze-Installation» nannte und die in dieser Form nur während der Ausstellung in Königswinter zu sehen sein wird.

Auch mit fotografischen Mitteln verleiht Conrad Meier dem Phänomen der Prozesshaftigkeit visuellen Ausdruck. Er wirft einen postkartengroßen weißen Karton, der auf einer Seite schwarz gefärbt wurde, in die Luft und folgt dessen Flug mit einer Fotokamera in Langzeitbelichtung. Die verblüffenden Bilder muten wie transparente, zerbrechliche Glasgebilde an oder wie komplizierte mathematische Modelle. Sie geraten zu lyrischen Meditationen über die Beziehungen von Fläche, Raum und Zeit. In der Ausstellung sind fünf dieser Arbeiten aus der Serie «Würfe» zu sehen, die 2011 in Sizilien entstanden sind. Das Licht ihres Entstehungsortes verleiht den Werken einen zusätzlichen farblichen Reiz.

Ausstellung im Atelier Meerkatze, Königswinter, 2015
es ist das Gleiche und doch nicht das Gleiche
es wiederholt sich und gibt doch etwas Anderes
 
Katharina Lang

Diese beiden Sätze bringen es auf den Punkt. Sie beschreiben sowohl den Inhalt der Werke als auch die Arbeitsweise und die Überlegungen, die Conrad Meier für seine Kunst anwendet. Im ersten Moment tönt es simpel. Doch beginnt man sich zu fragen, was es denn heisst, wenn Gleiches nicht gleich bleibt und eine Wiederholung zu etwas Anderem wird, so stellt man fest, dass es so einfach nicht sein kann.
 
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Conrad Meiers Bilder leben von der visuellen Illusion. Ihn fasziniert die Empfindlichkeit der Oberflächen, das Zusammenspiel zwischen Licht und Reflexion, das Wahrnehmen und die Veränderungen die stattfinden, wenn man als Beobachter den Betrachterstandpunkt ändert. Conrad Meier schafft es, mit einem Minimum an Arbeitsmaterial Illusionen zu erzeugen, die zum Verweilen und Nachdenken einladen. Unter Anwendung von oft nur einer Farbe, defi-niert einzig und allein die Richtung des Farbauftrages die Oberfläche, die erst im Zusammen-spiel mit Licht und Betrachter zur Illusion wird. Dies zu erreichen, erfordert einen ungemein subtilen Umgang und genaue Kenntnis der einzelnen Arbeitsmaterialien.

Meiers Arbeiten sind eigentlich streng aufgebaut, entpuppen sich aber als Spiel. Es geht um Präzision, die aus der Hand entsteht und nicht berechnet wird. Es ist eine Geste, die sich wie-derholt und, je präziser man arbeitet, in den Hintergrund tritt. Die Geste als bilderzeugendes Element ist in so reduzierter Form angewendet, dass sie am Schluss unwichtig wird. Conrad Meier fasziniert die daraus entstehende Bewegung, der Rhythmus der sich selbst komponiert. Es ist ein Arbeiten in eine Richtung, die durch die Wiederholung in eine andere Richtung, oder Farbe, mutiert wird. Entscheidend auch: wo beginnt das Bild und wo endet es? Während Conrad Meier sehr bewusst darüber entscheidet, verneint er zugleich eine Komposition. Die Komposition will nicht geplant sein, sie soll entstehen und sich am Schluss offenbaren. Das eigentliche Ereignis findet folglich auf dem Blatt oder auf der Leinwand statt. Die Materialien reagieren miteinander und was entsteht, ist ein fiktiver Raum. Bewegungsabläufe werden sichtbar und verwandeln sich in eine Idee, die im Prozess entsteht. Das Resultat ist nicht vor-hersehbar. Es ist diese Unmittelbarkeit des Entstehens und Entdeckens, das Erlebnis des Ent-deckens, worum es Conrad Meier in seinen Werken geht.

Er arbeitet mit grosser Hingabe, sorgfältig und konzentriert, mit handwerklichem Können. Was entsteht sind einzigartige, kraftvolle Bildwelten, die durch ihre Einfachheit und Poesie überzeugen.

Ausstellung Galerie Wenger, Zürich, 2014
im windschatten farbe
 
Rebecca Gericke-Budliger

Ruhig und klar wirken Conrad Meiers neue Papierarbeiten. Seine monochromen Farbbilder zeigen eine grosse Varietät feinabgestufter Farbtöne. Die Farbmodulierungen lassen sich nicht mit herkömmlichen Bezeichnungen benennen, sie liegen ausserhalb der Norm und sind Conrad Meiers eigene Farbschöpfungen. Bei Betrachtung mit geschärften Sinnen können feine Spuren und Wolkungen wahrgenommen werden, die den Farbflächen Lebendigkeit einflössen.
 
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Conrad Meiers monochrome Bilder handeln von Farbentstehung. In seinem Atelier stehen gerade mal drei Farbtöpfe mit reinster Tusche in Scharlachrot, Phthaloblau und Goldgelb. Zuerst werden diese drei Grundfarben sehr stark verdünnt, dann wird mit einem breiten Pinsel eine erste Farbschicht aufgetragen. Freihändig, präzise und konzentriert werden die Pinselstriche nebeneinandergesetzt. Einmal nachgetrocknet, folgt eine zweite Farbschicht, dann eine dritte; ein Prozess, der sich rund zwölf Mal wiederholt. So wachsen individuelle Farbtöne heran und jeder ist einzigartig. Conrad Meier arbeitet ausschliesslich mit Tusche, weil sie wasserfest und übermalbar ist und sich dadurch für sein schichtendes Malkonzept eignet. Interessant sind die Bildränder: Der Künstler lässt immer schmale Streifen aller darunterliegenden Farbschichten sichtbar. Sie dokumentieren die Entstehungsgeschichte, sind quasi der Lebenslauf der endgültigen Farbfläche. Zusätzlich hält Conrad Meier die verwendeten Farbaufträge akribisch in separaten handschriftlichen Protokollen fest.

Wichtig ist auch die Papierwahl. Conrad Meier verwendet hochwertiges Baumwollpapier mit Büttenrand. Gut saugend muss es sein, um möglichst viele Farbschichten in sich aufnehmen zu können. Dadurch werden Strahlkraft und Eindringlichkeit der Farben gesteigert.

Eine eigene Bildgattung bringen Conrad Meiers schwarzweisse Linienbilder hervor. Das Gestaltungsprinzip zieht sich durch die ganze Werkgruppe hindurch: Alle Bilder sind Abfolgen paralleler Linien. Conrad Meier zieht die Striche alle ohne Hilfsmittel und entwickelt aus den feinen Ungenauigkeiten der Freihandzeichnung Gesetzmässigkeiten, welche die strenge Geometrie der Linien aufweichen. Auch durch Wellenformen, Variieren des Pinseldruckes oder Pausieren beim Ziehen der Striche werden die Lineaturen dynamisiert und in Schwingung versetzt.

Als Betrachter spürt man: Conrad Meier arbeitet ruhig, äusserst konzentriert und mit grossem handwerklichem Können. In einem der letzten alten Gewerbebauten inmitten der lärmenden Baustellen des aufstrebenden Quartiers Zürich West schafft der Künstler seine kontemplativen Arbeiten. Er verzichtet auf laute Gesten oder erzählerische Inhalte. Das Formenrepertoire beschränkt sich auf Fläche und Linie, kunstgeschichtlich betrachtet ein Erbe der Konkreten Kunst. Doch während die intellektuellen Konkreten in ihren Bildkonzepten Natur und Sinne gänzlich ausklammerten, lässt Conrad Meier mit viel Gespür menschliche Ungenauigkeiten und natürliche Eigenartigkeit zu. Dadurch wird Raum für vielfältige und tiefgründige Bildwelten geöffnet.

Ausstellung Galerie Schlégl, Zürich, 2011
Spiel der Farben
 
Janine Gebser

Ein intensives Grün, ein knalliges Rot, ein schrilles Orange, ein leises Grau. Die monochromen Papierarbeiten Conrad Meiers begegnen dem Betrachter in einer bezwingenden Farbintensität – als hätte das Büttenpapier ein Farbbad in der jeweiligen Farbe genommen.
 
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Die Tusche-Arbeiten sind jedoch aus den drei sogenannten Grundfarben Blau, Rot, Gelb entstanden. In einem über mehrere Tage währenden Arbeitsprozess werden die verschiedenen sehr dünnen Farbschichten, zum Teil sind es bis an die dreissig, vom Künstler übereinander gelagert. Besondere Bedeutung liegt hier in der Auswahl einer geeigneten wasserfesten Tusche, die ein Auftragen einer weiteren Pigmentschicht erlaubt, ohne die darunter liegende zu beeinträchtigen. Zuweilen wird an den Rändern der Farbverlauf sichtbar, Zeichen der sich wiederholenden Geste des Farbauftrags im Arbeitsprozess, aber auch Ausdruck einer subtilen Farbsteuerung durch den Künstler. So entstehen in einem nuancierten Spiel mit den Farben die Papierarbeiten, die in ihrer farbigen Ausgestaltung so unterschiedlich sind. Die konzentrierte Reduktion auf die wenigen Grundfarben sowie auf das einheitliche Format verleihen ihnen ihre eigene Intensität.

Die Reduktion wird auch in Conrad Meiers Ölbildern offenbar. Lediglich ein Farbton – ungemischt – trägt der Künstler auf die Leinwand auf. Die Gesamtheit der Farbfläche ist unterbrochen durch eine Struktur, die aus einem differenzierten Farbauftrag resultiert. Das Spiel mit der Wahrnehmung des Betrachters ist bewusst. Abhängig von Standort und Lichteinfall verändert sich die jeweilige Arbeit. Ziel des Künstlers ist es, «eine Fläche zu bereiten, auf der das vorhandene Licht erlebbar wird».

Inwieweit eine Reduktion in der Malerei immer weiter möglich ist, diese Frage stellt sich Conrad Meier in seinen Arbeiten stets aufs Neue, birgt doch diese Reduktion eine zunächst nicht vermutete Vielfalt in der Gestaltung. Diese findet der Künstler in einer eigenständigen Bildsprache. Dabei verweist er auf seine handwerkliche Vorgehensweise, die er als humane Geste in einem sich ständig wiederholenden Arbeitsprozess versteht.

Ausstellung Galerie Schlégl, Zürich, 2008